Gedichte

Dies ist der Anfang von weit über 100 Gedichten
aus der Feder meiner Großmutter Maria zur Nieden ( 12. Juli 1898 - 8. August 1980)

Viel Spaß damit !

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Der Mai

Der Mai erscheint per Dampfer
mit Klee und Sauerampfer.
Die A und anderen Meisen
die singen Ihre Weisen,
und legen Ei bei Ei …
wie schön ist der der Mai
oder meinste nei?

Anmerkung: Am besten man spricht es mit einem etwas schlesischen Akzent
Der Mäi ärschäint per Dampfer …. etc.

Jahr unbekannt

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Das Telefon

Das Telefon ist zweifellos,
ein Gegenstand, der tadellos,
sofern es seinen Sinn erfasst
und stets nur läutet wenn´s uns passt!

Auch hat man gern am andern Ende,
dass sich ein Freund zum Freunde fände
und dass die Nachricht ausserdem
vergnüglich ist und angenehm !

Doch kommt es vor, dass mit Verdruss
man auf ´nen Anruf warten muss …
und läutet´s endlich dann nach Stunden,
ist´s ganz gewiss nur falsch verbunden.

So ist das Telefon wie eben
das Meiste wohl in unserm Leben:
es hat zwei Seiten: Lust und Last,
sei ´drumm auf beides gleich gefasst !

Jahr unbekannt

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Die Uhr

Als wohlerzogner junger Mann
braucht man im Leben dann und wann –
ob Zivilist, ob als Soldat –
´ne Uhr, die man zu tragen hat.

Gar rasch ist man die Last gewohnt
und merkt auch bald, dass es sich lohnt –
ob zum Apell, ob Stelldichein –
der Mensch soll immer pünktlich sein.

Ein Blick nun auf das Zifferblatt
sagt, was die Uhr geschlagen hat –
drumm ist der Kauf nicht nur Gewinn
er hat auch einen tief´ren Sinn.


1975

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Die Vase

Im Leben geht so mancherlei,
im Lauf der Jahre mal entzwei;
so sonderlich ´ne Blumenvase
denn, wenn sie hinfällt, nun dann war ´se !

Drumm hat der Nikolaus gedacht,
dass Euch die Gabe Freude macht.
Und wünschen tut er obendrein:
sie möge stets voll Blmen sein.


Jahr unbekannt

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Geld

Geld ist ein Dreck,
im Nu ist er Weg !,
Geld ist außerdem
doppelt ein Problem;
Hast Du´s,
gibst Du´s aus,
Hast Du´s nicht:
oh Graus !

Daher: Geld muß sein !
Häufe Schein auf Schein.
Aber – sei nicht dumm:
Münz es um !
Nenn´s Lohn der Arbeit.
Nenns Möglichkeit Freude zu geben.

Wie oft im Leben –
leider nicht immer –
bekommt´s dann einen goldnen Schimmer


20. Juni 1965

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Der Lord

Fährt der alte Lord fort,
fährt er nur im Ford fort,
fährt er zu der Mary
trinkt dort einen Sherry.

Doch wie´s so der Brauch ist,
wie ihr selber auch wißt
macht sie ihm – oh jeh –
manchmal auch ´nen Tee.

Kommt er bis auf hundert
ist er sehr verwundert –
denkt der alte Lord,
„Herrlich ist der Ford ! „

Jahr unbekannt

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Der Salat

Delikat ist der Salat –
wünsch dazu die netten Gäste
und den Wein zu frohem Feste,
dann ist alles gut parat.

Das Rezept, so schlicht und fein,
gibt fürwahr Gelegenhei
nach Geschmack und Jahreszeit
es nach Wunsch zu variieren
personell zu pointieren
überraschend kann das sein.

Wer Kritik zu Rate rief
kriegt nun gleich den Meisterbrief,
denn, wer nur den Meister äfft
bleibt ein Lehrling im Geschäft –
doch, wer eigne Wege geht
zeigt, dass er den Kram versteht.

Jahr unbekannt

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November

Die letzten Blätter fallen von den Bäumen-
Die grauen Nebel ziehen übers Land.
Wir geh´n vereinsamt hin in weiten Räumen,
vergeblich suchend nach der Liebe Hand.

Wir streifen ziellos hin durch graues Dämmern,
Wir sinnen Worten nach, die enst voll Klang.
Ihr Rhythmus blieb, wie unsres Herzens hämmern,
Doch ihre Melodie vergaß man lang.

Vielleicht, daß einst wir wieder neu entstehen,
mit der Natur voll neuer Kräfte sind;
Vielleicht, daß wir die alten Wege gehen,
voll Glück und gläubig dankbar wie als Kind.

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Sonntag

Der Sonntag ist gekommen
und alle Welt soll fröhlich sein
zur Kirche geh´n die Frommen-
die andern in den Wald hinein.

Der Herrgott, der ist da wie dort.
Er ist bei uns an jedem Ort.
Er wird uns auch wohl sehn
wenn wir spazieren gehn.

Nicht jeder kann verstehn,
daß manche andre Wege gehn.
Nicht jeder findet gut,
was sein Herr Nachbar tut.

Und doch weiß schließlich jedes Kind,
daß Menschen so verschieden sind.
Gott hat das wohl bedacht
und sie grad so gemacht.

Jahr unbekannt

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Sonntag

Man weiß als Mensch nicht nur,
nein, auch als Christ,
dass einmal in der Woche Sonntag ist.
Am Samstag kommt man möglichst spät nach Haus,
den nächsten Morgen schläft man gründlich aus.

Dann steht man auf, macht lang und breit Toilette
und frühstückt dann wohlmöglich noch im Bette.

Wer trotzdem doch am Kad´ffetisch erscheint
der findet die Familie froh vereint
und stellt dann fest zum egnen Ergötzen:
zum Kaffeetrinken kann mann sich auch setzen.

Behaglich wird das Ei zum Brot genossen
und bald die zweite Tasse eingegossen.
Und dann zur Krönung noch, ich wette,
die köstliche, die gute Zigarette.

Bald spricht mann dann genüßlich von dem Braten –
Der Sonntagskuchen ist gewiß geraten –
Zum nachmitttag erwartet man noch Gäste
man fühlt sich richtig wohl im eig´nen Neste.

Jahr unbekannt

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Kirche

Frühmorgens, wenn die Glocken läuten
kann Dir das viel – und nichts bedeuten.
Du magst nicht mehr zur Kirche gehn,
kannst Du gleich zwei von weitem sehn.

Das Läuten weht mit sanftem Ton
aus Fenster Dich, auf den Balkon
und ladet Dich zum Kirchgang ein,
doch Du lässt Kirche – Kirche sein…

Du röstest Deinen Kaffe frisch
stellst Wurst und Käse auf den Tisch
und denkst vielleicht in Deinem Wahn:
für Sonntag ist´s genug getan.

Doch wenn´s einst Zeit zum sterben ist,
bist – wie als Kind Du – guter Christ
und möchtest, dass der Herr Pastor
Dich selber trägt zum Himmelstor.

Gravenbruch, Meisenstraße Mitte 1960 – 1970

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Auf diesen Zetteln find ich wieder
was sich nicht datieren läßt
in dieses Heft schreib ich sie nieder,
daß ihr die Verse nicht vergeßt.

Jahr unbekannt

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März

Zwei gehen im Schnee
durch eine Alle
Jeder Baum, stramm wie ein Grenadier,
bildet Spalier.

Ich habe mich, von dem Bild entzückt
hinter den nächsten Baum gedrückt.
Da bleiben die beiden plötzlich stehn,
um sich umzusehn.

Sie dünken sich ganz allein
mit dem Schnee und dem Sonnenschein.
Und es folgt, was folgen muß,
Nämlich ein Kuß.

Auch ein zweiter, ein dritter… die Zeit
wird mir lang
und ich luge bang
wie ich entwischen könnte aus meinem Versteck.

Nicht denen zum Schreck,
sondern unbemerkt und dezent,
wie man das nennt.

Plötzlich spür ich es tropft
mir auf den Kopf.
Ich blick in Höh
und merke : es schmilzt die Sonne den Schnee.

Und drüben hüpfen von Ast zu Ast
zwei Finken und turteln fast
wie jene beide im Schnee
In der Alle.

Jubelnd begreift da mein Herz:
Ach, es ist März…

1944 veröffentlicht in Neuruppin in der Märkischen Zeitung

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Auf dem Wall

Was ist nur mit den alten Bäumen?
Sie wachen auf aus tiefen Träumen
und wundern sich…  laßt ihrem Rauschen
wie in alten Zeiten lauschen…

Nach wechselvollem Lebenslauf
nahm die Heimat wieder auf
so manchen, der vor vielen Jahren
hinaus in weite Welt gefahren.

Nun ist der kleine Heimatort
die Zuflucht und ein stiller Hort,
wo sie wie einer Mutter Kind
geborgen und zu Hause sind.

Man geht den alten Wall entlang,
man sitzt verträumt auf einer Bank
und fidet auch mit tiefer Freud´
mal ein Gesicht aus alter Zeit.

Die Kindheit wird dann wieder wach,
und dem Erinnern gibt man nach,
doch manches, was schon fast verweht
nun wieder neu und schön entsteht.

Zu seliger Erinnerung
Sind Aug´und Stimmen wieder jung,
und aus dem Born der Jugend schafft
sich nun das Alter neue Kraft.
Wir horchen auf den alten Klang
der Bäume Rauschen wird Gesang
und was durch ihre Wipfel zieht
ist wie der Mutter Wiegenlied.

1943 veröffentlicht in Neuruppin in der Märkischen Zeitung

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Die hellen Nächte

Dämmern nun wieder die hellen Nächte
mit ihrem wachen und ihrem Träumen
flieht uns der Schlaf und geheime Nächte
locken hinaus zu den blühenden Bäumen.

Mild geht der Wind und auf zarten Händen
trägt er den Duft von unzähligen Blüten,
die über den Tag ihren Reichtum verschwenden
und in der Nacht ein Geheimnis hüten.

Sind es gefangene Sonnenstrahlen,
die sie in zitternde Kelche schließen?
Ist es der Segen von Tränenopalen,
die sie als Tau in den Morgen ergießen?

Laß, von Geheimnis und Wunder gezogen
still uns vom müdenden Lager erheben,
wandelnd, von Träumen des Werdens umwoben,
segnende Nächte des Frühlings erleben.

1944 veröffentlicht in Neuruppin in der Märkischen Zeitung

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Oktober

Mein Kindlein wünscht sich einen goldnen Baum,
der hoch sich reckt im blauen Himmelsreich.
Dran möchten seine lichten Traumgedanken
sich hoch hinauf bis zu den Wolken ranken.

Kommt über Nacht der Maler Herbst ins Land,
malt rot und gelb die Welt mit rascher Hand.
Nun hat mein Kindlein, was es wümscht, so bald:
von goldnen Bäumen ward ein ganzer Wald.

1944
Veröffentlicht in Neuruppin in der Märkischen Zeitung

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Äpfel

Ist das eine Apfelpracht,
die aus jedem Garten lacht!
Gelbe, rote, grüne hängen
überall in reichen Mengen,
dick und rund und wunderschön
paradiesisch anzusehn.

Jedes Kind in Stadt und Land
hält ´nen Apfel in der Hand
Beißt hinein mit voller Kraft,
schleckert seinen süßen Saft.

Eines nun ist noch verboten:
abzupflücken jene roten,
die wir einst als Weihnachtssegen
auf den bunten Teller legen.

Laßt die letzen warmen Strahlen
sie noch etwas roter malen,
daß sie wie lebend´ge Herzen
leuchten in dem Schein der Kerzen.

1943 veröffentlicht in Neuruppin in der Märkischen Zeitung

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Auch wir, die wir gerne sterben
haben das Leben geliebt
und wissen, daß es unter Scherben
auch manche Kleinode gibt.

Auch wir, die wir gerne sterben
nehmen den Abschied nicht leicht,
nicht wissend, ob ew´ges Verderben
oder Seligkeit uns erreicht.

Auch wir, die wir gerne sterben,
weil unser Soll erfüllt,
zittern, weil Gott aus Gnade
noch unser Ende verhüllt.

Jahr unbekannt

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Totensamstag

Den ganzen Tag stand mein Fenster offen –
so mild war die Luft-
und vom Wald kam ein Duft
von welkem Laub, verwesendes Hoffen – !

Kommt das Begreifen so spät – ?
Leben bedeutet Sterben –
Ruhe und Frieden werben
um unser Ja – wenn´s um unser Ende geht.

Sei´s denn ! Tritt noch einmal vor mein Gesicht
hellster Tag meines Lebens
gab es ihn – oder gab es ihn nicht?
war denn alles vergebens – ?

Jahr unbekannt

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Nicht viel

Viel ist es nicht
was das Leben nun gibt in der täglichen Fron:

tausend Tage, und alle gleichen einander
wie ein Ei dem aneren:
ohne ein freundliches Wor,
ohne ein fröhliches Herz,
ohn´einen dankbaren Blick, –
statt tausend solcher Tage
gib, Gott , nur einen!

Den aber strahlend und froh –
Voll Kraftund Glück,
voll Übermut und Seligkeit –
voll Güte ! –

Dann wüßten wir doch:
wir haben gelebt!

Jahr unbekannt

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Hände, die nie müde werden…

Hände, die nie müde werden,
seh ich bei der Lampe Schein
unermüdlich Stich um Stichlein
an das Lebens Leinen weben.

Hände, die den ganzen Tag
hier geholfen, da gelichtet
und ihr Tagwerk still verrichtet
ohne je sich Ruh zu gönnen.

Hände, die vielleicht zur Nacht,
wenn vom Traum sie traumbefangen,
immer noch nicht Sehnsucht bringen,
ob sie Menschen oder Dingen
helfen können, Segen bringen…

Jahr unbekannt

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Der Webstuhl

Wir sitzen an goldenem Rocken
und weben des Lebens Gewand.
Die Schifflein, sie fliegen und stocken
geworfen von zitternder Hand.

Wir mischen die Farben und Töne
und schaffen der Muster gar viel,
begeistert von Buntheit und Schöne,
beglükt von dem wechselnden Spiel.

Und wollen wir´s einmal vollenden
und lösen´s vom Spinnrocken sacht,
so ward draus von geisternden Händen
ein schneeweißes Laken gemacht.

Jahr unbekannt

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Am Wattenmeer

Der Sturm jagt über die Watten,
Graubleiern liegt fern das Meer.
Die Wolken, wie fliehende Schatten,
verdichten sich schwarz und schwer.

So kämpfen Naturgewalten
und formen der Erde Gesicht.
Du, Mensch, willst Dein Leben gestalten
und kämpfen wolltest Du nicht?

Jahr unbekannt

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1938

Wer will den Krieg?
Bruder, Du?
Will meine Ruh –
Tu meine Arbeit –
Tu meine Pflicht –
mehr will ich nicht.

Frau, was sagst Du vom Krieg?
Frag nicht, ich habe Mann und Kind,
möcht mich als Sonne denken
und Leben schenken
und es bewahren vor allen Gefahren.

Und Du, mein Kind ?
Ach, ich kann singen,
Spiel mit den Dingen.
Denke nicht heute noch morgen –
werde erts sorgen
wenn Vater und Mutter gestorben sind.

Hast Du Angst vor dem Morgen
Häng Dich auf den nächsten Ast!
Denn mit seinen Sorgen
Fällt man sich und andern zur Last.

Wenn Du aber zu feige
zum Verzweifeln bist,
habe den Mund und schweige
und pfeif auf den ganzen Mist.

Gibt Dir für deinen Kummer
keiner ´nen Heller her;
höchstens fragt mal ein Dummer
wieviel die Uhr wohl wär´-

Was die Glocke geschlagen –
wenn man das begreift
braucht man´s keinem zu sagen
der selber – pfeift.  –

Jahr unbekannt

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Wir Mütter

Wir Mütter formen das Antlitz der Zeit,
wir bauen die Brücken der Menschlichkeit.

Wir Mütter weben mit sicherer Hand,
wir weben des Lebens buntblühendes Band.

Wir Mütter wir singen in Freude und Leid
Das Lied aus der Wiege der Ewigkeit.

Jahr unbekannt

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Kurze Betrachtung

Stunden und Tage vergehen
als wären sie ohne Bedeutung,
unwichtig nun und belanglos.
Doch wenn wir uns richtig besinnen:
solch eine Kette von Tagen
ist doch im Grunde das Leben.
Ach, wie möcht man sie halten
und tief und erschöpfend gestalten!

Jeglicher Alltag bringt uns
ein Stückchen der Ewigkeit näher.
Jegliches Stündlein kündet
die eigne Erfüllung von Gott.

Jahr unbekannt

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Sie reden –

Sie reden, ach und wie sie reden:
es scheint mir wie ein Wasserfall.
Kaum unterscheid ich einen Jeden.
So ist mir alles Klang und Schall.

Ja, wenn es denn, mit einem Wort
nir einzubrechen ihren Raum?
Schwerfällig ständ´s an falschem Ort,
vielleicht gehört, verstanden kaum.

So bin ich Wandrer auf Rast
und denk mein Teil und ruh mich aus
und gehe weiter ohne Eil´
in meine stille Welt hinaus.

Jahr unbekannt

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1944

Blätter, die fallen zitternd und leise –
Worte, die willen wehmütig weise –
und man betrügt sich mit dem Gedanken,
ob auch Frühling und Sommer versanken,
daß nichts wuchtet wie Herbstesgut.
Woher nimmt man den Mut?

An der Angst und der Not,
die uns bedroht
wenn der Winter naht.

Mit der goldenen Pracht, die uns überfällt,
wird sie ärmer und ärmer, die Welt.
Sterbend ist sie noch einmal schön
Und muß dann vergehn.

Wir aber stehen arm und bloß –
und die Welt ist Groß –
Und die Welt ist hart und mitleidslos –
Und wir sind einsam –

Neuruppin – Herbst 1944

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Ich trete an Dein Bett, und winge
geht voller Liebe meine Hand
dem Lichtschein nach, der von der Wand
Dir hingeht über Stirn und Wange.

Ich höre Deinen Atem gehn
der Dich in starken Rythmen hält.
Das ist der Herzschlag meiner Welt
Ich fühl in Dir mich auferstehn.

Ich träum dem meinem Tag entgegen
und lausche auf den hellen Sang
der Kinderstimmen voller Klang,
der mich begleitet aller Wegen.

Jahr unbekannt

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Was mag es bedeuten?

Die Glocken läuten
zu seltsamer Zeit – –
ich denke nit Bangen
vielleicht ist gegangen
eine arme Seel in die Ewigkeit.

Einst geht das Geläute
genau so wie heute –
ich werd es nicht hören –
ein andrer wird sinnen:
nur ging wohl von hinnen
zu himmlischen Sphären.

Jahr unbekannt

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Viele Jahre sind vergangen,
ein Ziel ist nicht erreicht.
Aber das Harr und die Wangen
sind längst gebleicht.

Eines muß man erkennen,
beicht man den Weg zurück:
Leben, das ist Verbrennen!
Verschenken – das ist Glück!

Mut, das bedeutet Siegen,
Kampf ist des Lebens Gebot!
Angst, das bedeutet Erliegen –
Aufgeben – das ist Tod.

1952 – 1953

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Es rinnen rote Quellen
um mein gesegnet Haus.
Es treibt ein schwarzer Reiter
sein schwarzes Roß daraus.

Ich sehe Schatten gehen,
sie klopfen lange an die Tür.
Die Zeit wird mir nicht lange.
Ich trete nicht herfür.

Jahr unbekannt

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Immer geh ich durch die Straßen
voller spannender Erwartung,
daß aus meiner Jugend Tage
irgendwer mir könnt begegnen,
dessen Züge mir bekannt sind.

Und so blick ich einem Jeden
frei und forschend in die Augen,
wartend, daß mir mein Erinnern
irgendein Erkennen schenke.

Dacht´ich, daß der Zufall fügte
und in allernächster Nähe
mir ein Du vorüber eilte,
ohne das es mich bemühte. –

daß vielleicht mir wie ein Ahnen,
wie der Dufthauch einer Blume
oder eines Falters Flügel
meine Sinne sich bemühten,
ohne daß es mir bewußt ward –
ach, so könnt ich nicht begreifen
eines Gottes weises Walten,
der mein unbegreiflich Sehnen
unerfüllt ließ…

Jahr unbekannt

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Es ist nicht leicht…

Es ist nicht leicht
Sich einfach umzudrehn
adieu zu sagen
und davon zu gehn.

Es ist nicht leicht
die Heimat zu verlassen
und hinzugehn
auf langen, fremden Straßen.

Wo keine Menschenseele
mehr Dich kennt
und keiner Dich
bei rechtem Namen kennt.

Und Dich kein Gruß,
kein gutes Wort erreicht,
So ganz allein zu sein –
es ist nicht leicht.

Jahr unbekannt

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Kauft mir kein Grab,
selbst keinen Leichenstein
und pfercht mich nicht
in eine Urne ein.
Streut meine Asche
in den Sommerwind,
daß sie zurück
zu ihrem Ursprung find´t.
Und weint nicht mehr!
Was ist denn schon geschehn?
Ein jedes Leben
muß zu Ende gehn.

Jahr unbekannt

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Dort möcht´ich sein
wo mich keiner kennt,
keiner mich fragt noch
bei Namen nennt.

Dort möcht´ich sein
wo in Einsamkeit
Täler und Begre
tief eingeschneit.

Wo keiner Menschen
Spur mehr zu sehn
möcht´ich dem Letzten entgegengehn.

Dort möcht´ich sein
wo das Leben schweigt.
Sterben, ach sterben
wie wär es so leicht.

Jahr unbekannt

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Das Leben nimmt, das Leben gibt.
Man wird nicht immer mir geliebt.
Drum suche nach den Gründen,
Du wirst sie sicher finden.

Vielleicht, daß Du voll Ungeduld
mir suchtest nach der andern Schuld
und hast dabei vergessen,
sie bei Dir selbst zu messen.

Das freilich ist ein hartes Spiel
und kostet meistens auch viel:
sich selber zu entthronen. –
doch würd´die Mühe lohnen.

Jahr unbekannt

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Nie ist der Preis
auch ein Beweis
ob etwas gut ist oder schlecht.
ob man´s entbehrt
was es nun wert,
das macht den Preis doch erst gerecht.

Jahr unbekannt

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Vom Zug gesehen

Verschämt und scheinbar ohne Zweck
Blüht Seidelbast in zärtlichem Versteck.
Ein kleiner Tupfer Farbe nur
und doch ein Schmuck erwachender Natur.

Jahr unbekannt

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Mein Ränzel ist gepackt
für eine große Reise
mich lockt die alte Weise
von einem großen Glück.

Und käm durch Schicksals Tücke
ich eines Tages zurück
das Herz, den Beutek nur –
das wär wahrlich schwer.

Jahr unbekannt

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